2023
ROY TOMLINSON „Palimpsest“
21. April – 30. April

Mit Roy Tomlinson war ein weitgereister Künstler zu Gast in der Stockmayer-Stiftung: Im Rahmen einer Gastproffessur an der Freien Kunstschule Stuttgart hat der in Portland/Oregon arbeitende und lehrende Künstler keine Mühen gescheut, eine außergewöhnliche Werkschau zu präsentieren. Unter dem Titel „Palimpsest“ zeigte er etwa 30 gleichformatige Kohlezeichnungen in der Größe von 12 x 9 inch.
Roy Tomlinson ist in Seattle aufgewachsen und hat am San Francisco Art Institute sowie an der University of California in Berkeley studiert. Er unterrichtete lange Jahre am California College of the arts, bevor er 2009 einen Ruf auf den Lehrstuhl für Malerei am Pacific Northwest College of Art in Portland, Oregon, der Partnerhochschule der Freien Kunstschule Stuttgart, angenommen hatte. Roy Tomlinson wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Eisner Award der UC Berkeley Seine Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen in Galerien und Museen Nordamerikas präsent, etwa im Oakland Museum und in der San Francisco Art Commission Gallery – und heute, hier in der Stockmayer-Stiftung, werden sie erstmals in Europa gezeigt.
Die Sichtbarmachung durch Auslöschung – ein Paradoxon, das bildlich für das Anliegen des Künstlers stehen kann, sich mit den Gesetzmäßigkeiten und den Grenzen der Wahrnehmung auseinanderzusetzen. Sicherlich kommt ihm hierbei zustatten, dass die gewählte Technik stets das Risiko der Unberechenbarkeit mit sich bringt, und damit ein Einfallstor für den Zufall, einen Katalysator für kreative Prozesse, für den, der sich darauf einzulassen vermag. Die Spuren dieses Prozesses fordern den Betrachter heraus und muten ihm zu, seine Sehgewohnheiten zu hinterfragen, möglicherweise damit auch seine festgefügte Vorstellung von dem, was ein Bild zu sein hat.
Roy Tomlinson hat es übernommen, als Forscher nach Wahrhaftigkeit und zugleich als Seismograph zu wirken, was gerade in unseren Tagen von großer Bedeutung und von hohem Wert ist. Damit den Nerv einer Zeit zu treffen, in der Gewissheiten zunehmend schwinden, durch die Offenlegung von vielschichtigen Unsicherheiten die komplexe Struktur neuer Konstruktionen anzudeuten, ist höchst respektabel.
Sein Vorgehen im Schaffensprozess beschreibt Roy Tomlinson wie folgt:
„A palimpsest destabilizes simple ways of seeing, offering instead questions about interdependence and perception. A palimpsest reminds us that art is a process not a product, as is every living thing. I deliberately create palimpsests in my work through repetitive layering and cycles of mark-making and erasure. These repetitions ultimately work to deconstruct my source imagery but leaves traces of each stage, offering a visible history of reaction and decision. All of these layers interact within each work and between works, which are arranged in a tight matrix on my studio wall. These layers of time, space and memory create unforeseen environments that constantly challenge my beliefs about who is doing the making, what is being made, and why.”